Android, Computer

Du willst streamen, hast aber keine Webcam? Kein Problem!

In letzter Zeit ist vieles nicht mehr einkaufbar: Toilettenpapier, Hefe und seit neuestem kann man nicht mal mehr Webcams ohne wochenlange Wartezeiten bestellen. Muss der Livestream aber vorher stehen, gibt es ein paar Wege, wie man trotzdem Aufnahmen machen kann.

  1. Die DSLR/DSLM + CaptureCard-Variante: Wenn ihr Geld für eine CaptureCard (Kostenpunkt ab ca 100€ bis mehrere hundert Euro) und eine digitale Spiegelreflex- oder Systemkamera habt, könnte das eine Variante sein. Leider sind auch diese momentan schwer zu kriegen.
  2. Android-Smartphone: Habt ihr ein Android-Smartphone? Wunderbar, dann habt ihr eine Kamera, die sich in OBS/vMix/Wirecast/… einbinden lässt.
    1. Mit der App „IP Webcam“ könnt ihr bei gutem Wlan die Kamera z.B. als Browser-Quelle in OBS einbinden. Ein deutsches Tutorial gibt es hier.
    2. Mit der App „DroidCam“ könnt ihr ebenfalls per Wlan eure Kamera aufs Smartphone bringen. Hier ist sogar eine USB-Kabelverbindung möglich, allerdings sehr frickelig, weil das über das USB-Debugging im Entwicklermodus läuft.
  3. iPhone oder iPad: Ihr seid Appleuser? (In diesem Fall) Noch besser: Momentan gibt es die sonst kostenpflichtige App NDI HX Camera. Hilfreich ist diese englische Anleitung. NDI (HX) ist ein Netzwerkstandard u.a. für Bild- und Tonübertragungen mit nur ein paar Millisekunden Versatz, es braucht aber schnelle Wlans (im 5GHz-Bereich werden empfohlen) um gut zu funktionieren.

Ich persönlich warte dringend auf eine NDI HX-App für Android, weil NDI einfach klasse ist (ja, ich bin ein Fanboy und habe zwei Pan-Tilt-Zoom-Kameras, die per 50m Netzwerkkabel (!) in meinen Streamrechner geht…;-) ).

Computer, OpenSource

Livestreaming: OBS-Szenen leichter umschalten

Vor einiger Zeit sah ich fasziniert das Stream-Deck von Elgato auf YouTube und hatte sofort das Haben-wollen-Gefühl. Mit diesem schönen Gerät kann man Kameras umschalten, den Ton ein- und ausschalten, Links einblenden u.v.m. – und das alles mit einem Knopfdruck. Da ich dienstlich nicht sooo oft streame und mir das Ding privat zu teuer ist, habe ich eine günstige Selbstbau-Alternative gesucht und gefunden: „Stream-Cheap„.

Auf Thingiverse, der Plattform für 3D-Modelle für CNC-Fräsen, Lasercutter und 3D-Drucker, habe ich eine etwas abgespeckte Lösung gefunden und in noch günstiger nachgebaut (mal schauen, ob sich eine Aufwertung meines Eigenbaus oder der Kauf des Stream-Decks lohnt). Das Herzstück meiner Konstruktion ist ein Arduino Pro Micro, der mit dem passenden Code vom Computer als Zusatztastatur erkannt wird. Den Arduino habe ich mit acht Druckschaltern verbunden, die ich auf eine Platine gelötet habe.

Die Verkabelung ist denkbar einfach. Die Schalter verbinden beim Drücken die Kontakte diagonal, es werden einfach die digitalen Ports auf der einen Seite (2-9) mit den Schaltern verbunden. Diese wiederum sind mit Ground verbunden. Softwareseitig werden die Schalter mit den Tasten F13-F20 belegt. Diese kommen zwar nicht auf einer STandard-Tastatur vor, sind aber unter Windows ohne Probleme benutzbar.

Den passenden Sketch für den Arduino (und auch weitere Informationen) gibt es in diesem Artikel. Das genaue Lesen lohnt sich, denn die Keyboard-Bibliothek ist momentan noch nicht auf die Tasten F13-F20 ausgelegt. So muss die neuere Version der Bibliothek heruntergeladen und mit dem Sketch in den selben Ordner gelegt werden.

Da ich mit kleinen häßlichen Schaltern und nicht mit hübschen Cherry-Tasten gearbeitet habe, musste ich mein Case selbst erstellen. Mit Tinkercad habe ich es eben schnell zusammengebastelt und auf dem 3D-Drucker ausgedruckt. Dann noch schnell eine passende Beschriftung der Tasten ausdrucken und schon:

Hässlich aber funktional. Ich nenne das Ding liebevoll Stream-Cheaper. 😉 Der größte Nachteil bis jetzt ist das laute Schaltgeräusch.

Jetzt muss man in OBS nur noch unter „Einstellungen“ -> „Hotkeys“ entsprechende Funktionen mit den Stream-Cheap-Tasten verbinden. Das ganze hat mich schlußendlich nur um die 5€ (Arduino Pro Micro ~3,70 € aus Fernost, Platine ~ 50ct, 8 Kurzhubtaster ~50ct, +Lötzinn und Litze/Draht; das Micro-USB-Kabel hatte ich noch rumliegen) und ein paar kurzweilige Stunden gekostet.

Bei LinuxMint sind übrigens die erweiterten F-Tasten nicht standardmäßig aktiviert bzw. die Keycodes sind anders genutzt. Aber im Sketch kann man ja jede andere Taste auf den Stream-Cheap legen (und natürlich kann man auch entsprechende config-Dateien bearbeiten, denn Keycodes werden gesendet). Unter Windows arbeitet das Ding out-of-the-box sehr gut mit OBS zusammen.

Computer, Kirche, Linux, OpenSource, Praxis, SocialMedia

Mein Livestream-Setup mit OBS

Endlich komme ich dazu euch wie versprochen mein Setup fürs Livestreaming zu zeigen. Seit dem letzten Blogartikel ist einiges dazu gekommen: HD-Webcam, DSLM-Kamera, HDMI2USB-Konverter, Mischpult, Mikrofone und einiges Wissen.

Im letzten Artikel ging es um möglichst günstiges Livestreaming, jetzt geht es um etwas mehr Qualität. Die beste Kamera, die ich in meinem Fundus habe ist die Lumix G70, die über einen Micro-HDMI-Ausgang verfügt.* Dieser Ausgang wird mittels Adapter auf normales HDMI gebracht und mit einem 10m-Kabel zum PC gebracht. Wenn 10m nicht reichen, benutze ich einen HDMI-Extender (mit entsprechendem LAN-Kabel).

Um das HDMI-Signal in den Laptop zu bekommen, braucht man einen weiteren Adapter (findet man in diversen Shops unter den Suchbegriffen HDMI-Capture-Card, HDMI2USB oder auch GameCapture-Dongle). Ich habe mich für einen Magewell XI100DUSB-HDMI entschieden, weil er mit den drei großen Betriebssystemen zusammenarbeitet (und ich es so auch bedenkenlos an Gemeinden verleihen kann). Das deutlich günstigere Elgato Game Capture HD hatte ich schon erfolgreich mit Windows im Einsatz. Für OS X empfiehlt @staude das AVerMedia – GL310 LGP Lite via syphoon (was immer Letzteres auch heißt).

Als Ausweichkamera (manchmal spinnt der Adapter oder der Treiber) nutze ich die Webcam Logitech C920, die zwar lange nicht an eine DSLR/DSLM heran kommt, aber immerhin Full-HD ausgibt und bei gutem Licht auch gute Ergebnisse bringt. Ich verlängere das angebrachte USB-Kabel mit einer aktiven USB-Verlängerung auf etwas mehr als 10m.

Streamingkram beim Social Media Gottesdienst

Mit dem Ton war ich nach den ersten Streamingversuchen so unzufrieden, dass ich mir gleich eine größere Lösung angeschafft habe: Ein USB-Mischpult (Behringer Xenyx Q1202 USB). Damit kann ich bei größeren Streams, wie etwa Social Media Gottesdiensten, mehrere Mikrofone und das Signal einer Band in den Stream einspeisen. (Bei einer kleineren Veranstaltung würde ich vermutlich einfach nur mein Zoom H2N per USB anschließen.) Der USB-Anschluss des Mischpultes befreit mich von der Last, den schlechten Vorverstärker im Mikrofoneingang meines Laptops benutzen zu müssen und gibt mir über den Kopfhörerausgang eine Rückmeldung, wie der Ton bei den Zuschauern ankommt. Dafür habe ich mir einen geschlossenen Kopfhörer gekauft, um nicht vom „Originalton“ im Raum gestört zu werden. Als Mikrofon für Vorträge habe ich mir ein billiges Grenzflächenmikrofon besorgt (Superlux E303), das flach auf dem Rednerpult liegen kann und nicht weiter stört. Funfact: Bei noch nicht fertig eingerichteten Profilen für Veranstaltungen vergesse ich leider öfters, das Mischpult als Tonquelle in die einzelnen Szenen in OBS einzubinden.

Früher Versuch einer Bauchbinde.

Je länger ich OBS als Streamingsoftware nutze, desto mehr schätze ich es. (Für den Start in OBS sucht euch ein Einführungsvideo oder schaut euch meins an.) Nach den ersten Fehlversuchen habe ich endlich Einstellungen gefunden, die auch bei etwas schmalbandigerem Internet funktionieren.  Ich streame gewöhnlich mit einer Auflösung von 1280×720 bei einer Bitrate von 800. Das benötigt um die 1 MBit/s Upstream. Mit der Bitrate gehe ich bei Bedarf noch etwas runter, wenn es sein muss. Wenn die Verbindungsgeschwindigkeit stark schwankt, setze ich die Puffergröße etwas herauf.

Im Stream nutze ich gerne die Möglichkeit transparente PNG-Bilder mit Text zu kombinieren. So kann man Bauchbinden schnell an neue Sprecher anpassen. Die Bildfunktion nutze ich auch für Vor- und Abspann. Hier sollte man sich vorher überlegen, ob noch der Ton zu hören sein sollte oder nicht. Will man schon mal Werbung für die Facebookseite während der Ausgangsmusik eines Gottesdienstes machen, sollte man den Ton tunlichst mit in die Abspannszene einbauen. Ist es dagegen die Szene, die beim Abbauen läuft, sollte der Ton ausgeschaltet sein, um unnötiges öffentliches Fluchen zu vermeiden. 😉

Screenshot aus dem Stream mit eingeblendeter SocialWall per Browser-Plugin. (Gnihihi, ich habe ein Stealth-Tablet in der Hand 😉 )

Für Veranstaltungen mit Social Media Wall nutze ich das Plugin für Websites, um die Wall direkt über das Kamerabild zu legen. Leider gibt es diese Funktion ohne Umweg nur in Windows und OS X. Dazu stelle ich die Größe der Anzeige auf 800x300px (bei gestreamten 1280x720p), und wenn die Wall responsiv ist, läuft dann alles so, wie es sein soll.

Vielleicht interessant:

  • Die Verbindung zur G70 über HDMI/USB reißt manchmal recht schnell nach dem Start ab und das Bild hängt. Die Lösung: Einmal USB und HDMI vom Dongle abziehen, neu einstecken und dann die entsprechende Video-Quelle löschen und neu anlegen.
  • Der Studiomodus ist hervorragend, wenn man noch während der Übertragung Szenen zusammenbauen muss. Die linke Seite ist bearbeitbar, die rechte Seite ist Live.
  • Wenn ihr via YouTube streamt, seid vorsichtig mit Tests vorab, denn es könnte eure Stream-Video-URL ändern.
    • YouTube erlaubt einen Livechat. Man kann ihn gezielt neben anderen Kanälen (z.B. als Kanal für technische Probleme beim Stream außerhalb einer SocialWall) einsetzen oder als einzigen Rückkanal. Je nach Einsatz sollte man bei den Einstellungen darauf achten, wie groß die mögliche Verzögerung des Streams bei den Zuschauern ist, denn Kommentare zu minutenalten Aussagen sind seltsam 🙂 .
  • mit der Quelle „Fensteraufnahme“ in OBS kann man auch einige interessante Dinge machen. Beim SocialGoDi diskutierte ich mit @Neumedier z.B. über eine WhatsApp-Wall statt SocialWall (die auf diese Weise recht einfach realisiert werden könnte). Wenn Teile von Fenstern unerwünscht sind, können sie (zumindest am Rand) aus dem sichtbaren Bereich herausgeschoben werden.
  • Wenn ihr auf gleich mehreren Plattformen streamen wollt (z.B. auf YouTube, damit man ohne Anmeldung zuschauen kann und Facebook, weil dort euer Hauptkanal ist), dann solltet ihr euch mal restream.io anschauen.
  • Nicht nur live ist OBS ein Knaller, auch für Aufzeichnungen von Vorträgen mit PowerPoint/Impress/Prezi/…-Präsentationen eignet es sich gut. Wenn ihr ein HDMI-Capture ohne HDMI-Ausgang(!) habt, könnte ein HDMI-Splitter hilfreich sein (zum Glück weit günstiger als das Capture-Gerät zu haben).

Und jetzt bin ich gespannt auf eure Einsatzgebiete, Tipps und Tricks! 🙂

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*Manche DSLRs/DSLMs können auch über USB ein Livebild ausgeben, die Lumix-Kameras a.f.a.i.k. derzeit leider nicht…

Computer, Kirche, OpenSource, Praxis, Snapchat, SocialMedia

Social Media Gottesdienst – Technik, Konzept und Erfahrungen

Nachträglicher Screenshot der Social Media Wall (die Gottesdienstgemeinde wurde gerade um Fürbitten gebeten)

Nicht weniger als sechs IKEA-Boxen mit Technik, drei Kabeltaschen, fünf Computer und zwei Smartphones waren beim ersten Social Media Gottesdienst in Lippe hinter den Kulissen im Einsatz. Ich wollte möglichst viele Möglichkeiten der Beteiligung schaffen und so war die technische Seite des Gottesdienstes recht aufwändig. Letztlich ist aber auch eine deutliche Vereinfachung möglich. 🙂

Der getriebene Aufwand lag am Beteiligungskonzept des Gottesdienstes. Der Gottesdienst wurde über YouTube live gestreamt. Unser Team sorgte außerdem dafür, dass auch Menschen ohne Livestream mitbekamen, worum es gerade beim Gottesdienst gerade ging (Liturgie und Inhalte in jeweils 140 Zeichen). Diese Beiträge landeten auf einer Social Media Wall, die über einen Beamer im Gottesdienstraum sichtbar war. Das wäre allerdings recht witzlos gewesen (die Gottesdienstbesucher in der Kirche waren ohnehin anwesend), wenn nicht noch andere Inhalte dort gelandet wären.

Die Online und Offline-Besucher hatten an drei Stellen die Möglichkeit sich zu beteiligen und so auf der Wall zu landen: Erfahrungen zum Gottesdienstthema äußern, Fragen zur Predigt stellen und Fürbitten einbringen. Dazu konnte auch jederzeit kommentiert werden bzw. wichtige Gedanken wiederholt werden (und an die Außenwelt gesendet werden). Die Wall war natürlich nicht nur in der Kirche sichtbar, sondern auch über eine Website abrufbar. Die Beträge auf der Wand wurden dann wieder vom Liturg/Prediger aufgenommen bzw. beantwortet.

Somit wurde nicht nur – wie bei einem Fernsehgottesdienst – der Gottesdienstraum erweitert, sondern auch eine Beteiligung über physische Grenzen hinweg ermöglicht. Die Bayrische Landeskirche hält in ähnlichem Stil für einige Fernsehgottesdienste ein Social Media Desk bereit. (Wer mehr zum Warum einer solchen Gottesdienstform lesen möchte, sollte sich diesen Artikel anschauen.)

Um mit ihren Beiträgen auf die Wall zu kommen, konnten die Gottesdienstbesucher in sechs verschiedenen Netzwerke: Twitter, Instagram, Google+, Facebook, WhatsApp und Snapchat posten. Die ersten drei der Netzwerke waren problemlos über einen Hashtag auf der Wall verfügbar. Auf Facebook musste man in die Diskussion des Facebook-Events posten und landete ebenfalls automatisiert auf der Wall. Etwas kniffeliger waren die WhatsApp und Snapchat für uns. Meine Überlegung sie trotzdem mit in den Reigen der Beteiligungsmöglichkeiten einzuschließen, war die riesige Verbreitung von WhatsApp und der spezielle Jugendfokus von Snapchat.

Da beide Messenger keine offene Programmierschnittstelle zur Verfügung stellen, mussten wir die Nachrichten händisch umleiten. WhatsApp machte es uns über sein Browserinterface (web.whatsapp.com) sehr einfach. Also einfach eine PrePaid-Karte kaufen, in ein Smartphone stecken, und die Nummer an die Gottesdienstbesucher herausgeben. Die Arbeit im Gottesdienst ist eigentlich trivial: Nachricht in dem einem Browsertab sehen, kopieren und dann in Google+ in einem anderen Browsertab reinkopieren (Hashtag nicht vergessen!). Selbst Bilder konnten einfach heruntergeladen und neu gepostet werden. (Leider waren die Konfis beim ersten SocialGoDi nicht wirklich konzentriert und ich hatte zu wenig Zeit für die Einweisung.)

Snapchat machte mir etwas Sorgen und ich habe mit diversen virtuellen Maschinen experimentiert, was leider aus verschiedenen Gründen nicht zum Erfolg führte. Schließlich gab ich entnervt auf und fand eine andere Lösung: Die Gottesdienstbesucher schreiben ihren Beitrag per Nachricht an einen bestimmten Snapchat-Account, der für den Gottesdienst eingerichtet wurde. Ein Mitarbeiter sieht die Nachricht auf seinem Telefon, macht einen Screenshot davon und postet es auf Instagram (wieder: Hastag nicht vergessen).

Zu diesem Zweck habe ich jeweils G+ und Instagram-Accounts mit dem Namen GoDiBesucher erstellt, damit auf der Wall erkennbar war, dass dort keine Einzelperson schreibt.

Netzwerkstruktur

Als Social Media Wall kam walls.io zum Einsatz. Dort bekam ich dankenswerterweise einen Sponsored Account, was eine Menge Budget eingespart hat. Walls.io ist echt eine eierlegende Wollmilchsau, was Netzwerke angeht und die Filtermöglichkeiten sind für einen Gottesdienst sehr gut, falls Spammer o.ä. darauf aufmerkam werden. Und durch verschiedene Themes kann man sogar eine Einbindung in den Livestream machen (das Grid-Theme eignet sich zum Beispiel dafür, Blogeintrag folgt).

Der Livestream wurde mit der landeskircheneigenen DSLM-Kamera, einer Webcam für den (real eingetretenen) Notfall und der Software OBS realisiert. Die Wall wurde über ein Web-Plugin in schmaler Breite eingebunden. (Die ersten Gehversuche zum Livestreaming habe ich hier beschrieben, zum jetzigen Livestreaming-Setup blogge ich demnächst  habe ich diesen Blogpost geschrieben.) Der Ton kam via USB-Mischpult von einem Grenzflächenmikrofon auf dem Abendmahlstisch und einer Klinke-DI-Box-XLR-Verbindung vom Mischpult der Band.

Das Internet für die Gottesdienstbesucher wurde über einen Freifunk-Router zur Verfügung gestellt.

Dazu kam noch ein wenig Beleuchtung, weil die Kirche viel zu dunkel zum Streamen war und so blieben wir knapp unterhalb der Leistungsgrenze des Stromnetzes.

Erfahrungen:

  • Vorher sollte in der Kirche geklärt werden, wo was stehen kann. Eine Besichtigung bei unbekannten Kirchen ist ratsam, da einige Kirchen recht verwinkelt sind und keine gute Sicht auf die Social Media Wall gewährleistet ist. Da walls.io als Website ausgegeben wird, ist ein zweites Beamer-Leinwand-Gespann an anderer Stelle kein Problem.
  • Der Internetanschluss ist das A und O. Ohne ihn läuft nichts. Will man mit 720p streamen, braucht man etwa 1 MBit/s Upload (vorsicht, alte DSL-Anschlüsse haben das nicht, oder kratzen nur so gerade daran! Probiert es mit einem Speedtest aus und denkt an den anderen Traffik, der ggfs. über diese Leitung gehen muss.) Ob das Internet aus der Wand oder der Luft kommt, ist egal, doch ist letzteres störanfälliger. Ein großer LKW in Richtung Funkmast kann da gern alles zusammenbrechen lassen. Außerdem kann es sein, dass man den Router bzw. die Antenne in einiger Entfernung von der Kirche aufstellen muss, um gutes Netz zu bekommen.
  • Man muss große Sorgfalt auf die Formulierung der Mitmach-Aufforderung legen, da es ein ungewohntes Element im Gottesdienst ist, es braucht genaue Ansagen, wie die Fragestellung etc. ist. Eine Einweisung in die genutzten Kanäle vor dem Gottesdienst ist ebenfalls nicht verkehrt (ggfs. auch Zettel, wenn es kompliziert ist).
  • Aufführungslizenzen sind wichtig. Die GEMA erteilte mir die Auskunft, dass ihre Werke die im Gottesdienst aufgeführt wurden, vom Pauschalvertrag der EKD abgedeckt sind. Nach der Veröffentlichung der Aufzeichnung habe ich noch nicht gefragt. Dummerweise (auf der anderen Seite ist es aber das größte Glück für Kreative) ist die GEMA nicht mehr Monopolist in Sachen Aufführungsrechte, so dass man zusätzlich schauen/anfragen muss, wo die Rechte liegen und ob es eine Zustimmung ggfs. gegen Gebühren gibt.

Vereinfachungsmöglichkeiten

  • Wenn man bestimme Netzwerke weglässt wird es einfacher. Besonders Snapchat und WhatsApp machen Arbeit – FB, Instagram, G+ und Twitter laufen einfach so in die Wall (was aber natürlich vorbereitet werden muss).
  • Der Livestream muss nicht mit einem so großen Aufwand geschehen. Im Zweifelsfall reicht auch ein Handy mit externem Mikrofon und einer Streaming-App (Bambuser etwa kann auch mit geringen Bandbreiten umgehen [hat aber leider den Nachteil, dass man nicht kostenlos in HD streamen kann].)
  • Die Liturgie nach außen zu twittern hat natürlich nur Sinn, wenn es auch Leute draußen gibt – es ist ja auch denkbar die Social Media nur zu nutzen, um intern im Gottesdienstraum zu kommunizieren. In manchen Gegenden, in denen es durchgehen Breitbandanschlüsse gibt (und es somit eine Möglichkeit gibt den Livestream zu sehen), kann ebenfalls darauf verzichtet werden.
  • Die Vereinfachung kann man natürlich bis zu einem normalen Gottesdienst treiben, in dem einfach Fürbitten per WhatsApp an das Smartphone des/der Pfarrers/Pfarrerin geschickt werden, selbst das dürfte eine bahnbrechende Neuerung für die meisten Gemeinden sein.

PS: Der nächste Gottesdienst dieser Art findet übrigens am 9.4.17 um 11 Uhr in Detmold statt: http://www.evangelippisch.de/2017/04/03/social-media-gottesdienst-leiden-leiden-leidenschaft-unsere-kraft/

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Multi-Cam Livestreaming für kleines Geld

Was tun, wenn man einen MultiCam-Livestream machen will und dafür kein Budget hat? Improvisieren! Meine Lösung: Eine Kombination aus Webcam, Smartphone, Actioncam und der OpenSource Software OBS (Open Broadcaster Software – ich verwende die Version OBS Studio). Tatsächlich habe ich bis auf ein wenig Zeit genau 0€ in das System investiert, aber ich habe natürlich einen größeren Fundus an technischem Gerät zu Hause herum liegen. Selbst wenn ihr nichts außer einem halbwegs aktuellen Rechner habt, ist ein Livestream für kleines Geld möglich.

Exkurs: Warum nicht einfach mit Smartphone-Apps wie Periscope oder Bambuser? Weil dort keine Bauchbinden und eben keine Kamerawechsel möglich sind. Mein Anwendungsszenario sind Vorträge, Gottesdienste und  Podiumsdiskussionen, bei denen Sprecher wechseln und auch eine Totale zwischendurch sehr hilfreich ist.

Zentrale Schaltstelle ist ein Laptop mit OBS. OBS (Studio) läuft wunderbar unter Linux, OS X und Windows. Wie gut das Zusammenspiel mit den anderen Komponenten ist, hängt von den Treibern und Anschlüssen ab. Ich habe bspw. Probleme mit meinem kombinierten Audio-Ein/Ausgang (den ich für die Verwendung meines Mikrofons erst mit einem Adapter versehen muss) und meiner Actioncam SJ4000 (unter Linux läuft sie ohne Probleme als USB-Webcam und unter Windows stürzt sie ab).

OBS arbeitet mit Youtube, Facebook-Live und diversen anderen Streamingplattformen zusammen. Die Bedienung ist nicht immer ganz intuitiv, aber schnell erlernbar. Da ich euch hier nicht mit einer endlosen Slideshow von Screenshots zuballern will, habe ich die grundlegenden Funktionen per Video zusammengefasst (übrigens ist dieses Video per OBS aufgenommen, da OBS auch den Bildschirm und sogar einzelne Fenster abfilmen kann).

Zusätzlich zum Mikrofon und der Actioncam verwende ich noch eine Logitech C270 und im Notfall mein Android-Smartphones (per DroidCam in der Bezahlvariante). Für das Streaming in 720p braucht man schon einen ordentlichen Upstream (mein Versuch bei 1 MBit Upstream waren sehr dürftig). Hinzu solltet ihr eine Umgebung mit ausreichend Licht wählen, da die billigen Cams nicht besonders lichtstark sind. Für die Zukunft werde ich meine 3x4m Bühnenmolton (als Hintergrund) und meine zwei Softboxen mitnehmen. (Man mag kaum glauben, mit was für Hintergründen und was für Licht manche Veranstaltungen durchgeführt werden.) Wer auch bei schwierigen Aufnahmeverhältnissen eine bessere Bildqualität möchte, sollte sich mal die Webcam-Modelle von Logitech oder Microsoft für um die 100€ anschauen.

Mein Setup

Falls ihr kein gescheites Mikrofon, aber dafür einen Soundrecorder (wie etwa ein Zoom H2N) habt, könnt ihr auch den für eure Aufnahmen nutzen. Zumindest mein H2N kann als USB-Mikrofon genutzt werden.

Dieses einfache Setup mit billigen Komponenten kann beliebig nach oben aufgerüstet werden. OBS arbeitet auch mit HDMI-Capture-Cards zusammen, so dass ihr DSLRs und andere potente Kameras fürs Streaming benutzen könnt. Für die Zukunft plane ich für Konferenzsituationen noch ein Mischpult zwischen den Line-In/Mikrofoneingang und die Audioquelle einzubauen. Damit kann ich viele hochwertige Mikrofone gleichzeitig einsetzten und mir die ideale Audiomischung direkt per Kopfhörer zusammenstellen. (Ein großer Nachteil meines bisherigen Setups ist der nicht kontrollierbare Sound. Vielleicht ist dafür aber auch nur ein wenig mehr Herumprobieren nötig.)

Zum Schluß noch eine Auflistung der Komponenten mit ungefähren Preisen:

  • Logitech C270, Webcam (max. 1280×720) – ca. 30€
  • SJCAM SJ 4000, Actioncam (max. 1920×1080) – ca. 60-80€
  • DroidCamX (App und Software fürs Androisphone) – 4€
  • Takstar SGC-598, Shotgunmikrofon – ca. 30€
  • diverse Stative – 5-40€/Stück
  • aktives (!) USB-Verlängerungskabel, 10m – ca. 15€
  • diverse Adapter und Kabel – ca. 10€

Aber ganz ehrlich: Wenn es nichts hochoffizielles sein soll, benutzt das, was ihr da habt. Vielleicht kann eure DSLR ja per USB als Webcam genutzt werden, oder jemand im Bekanntenkreis hat zufällig eine ungenutzte Webcam irgendwo liegen. Denkt nur daran, dass der Ton mindestens 50% eines guten Streams ausmacht!
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Nachtrag: Wer es etwas hochwertiger möchte, sollte mal bei der Projektstelle social media der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vorbei schauen.