Computer, Jugendarbeit, Kirche, OpenSource, Praxis

Freifunk für Gemeinden

Für eine Methode in meinem Konfiunterricht (Blogeintrag folgt siehe „Konfistunde zur Passionsgeschichte„) brauchte ich WLAN. Allerdings konnte ich nicht einfach den Router des Gemeindehauses für die Konfis öffnen, deshalb entschied ich mich spontan einen Freifunk-Router aufzustellen. Der eignet sich übrigens nicht nur für temporäres Aufstellen für die Konfis, sonders besonders für den dauerhaften Betrieb für Flüchtlings-Cafes, Internet-Gottesdienste und ganz allgemein Gäste der Gemeindehäuser und Kirchen.

Warum ich nicht einfach den WLAN-Schlüssel an die Konfis weitergeben kann

  1. die Konfis würden sich im internen Netz bewegen und so bei schlecht konfigurierten Netzen  (wie sie leider in der 08/15-Gemeinde häufig vorkommen) auf interne Daten zugreifen. Das berührt dann die beiden sensiblen Bereiche Datenschutz und Datensicherheit.
  2. Was wenn die Konfis im Netz Blödsinn anstellen? Es muss ja gar nicht der große digitale Bankraub sein, es reicht ja schon ein illegal heruntergeladenes Musikstück. Die Haftung habe ich/die Gemeinde als Anschlussinhaber und zahle in aller Regel die Abmahngebühr von 500€ bis zu mehreren tausend Euro. Das Schlagwort hierzu lautet Störerhaftung. Auch wenn gerade ein neues Gesetz zu offenen WLANs auf dem Weg ist, wird es Die Störerhaftung nach Einschätzung einiger Rechtsexperten weiterhin geben.
  3. Habe ich einmal die Zugangsdaten herausgegeben, haben die Konfis sie entweder, oder ich muss sie immer wieder bei Bedarf ändern, was den anderen Mitarbeitenden sauer aufstoßen könnte, da sie dann nicht mehr ins Netz kommen.

Meine Lösung: Freifunk

Mit einem Freifunk-Router baut man ein zusätzliches Netzwerk auf, das nur den Internet-Zugang des Gemeinderouters braucht. Ist diese Verbindung erst einmal hergestellt lösen sich alle drei genannten Probleme in Luft auf, denn:

  1. Der Freifunk-Router leitet jede Verbindung durch einen verschlüsselten Kanal durch den Gemeinderouter (oder natürlich auch den normalen privten Router) und erst dann ins Internet (man spricht vom Tunneln, violett dargestellt). Aus diesem Datentunnel kann der Nutzer des Freifunk-Routers nicht ausbrechen und somit nicht auf Daten aus dem Gemeindnetz zugreifen.
  2. Der Tunnel wird vom Freifunk-Router genaugenommen nicht nur ins Internet gebuddelt, sondern bis zu einem speziellen Server, der nicht von der Störerhaftung betroffen ist. Erst dort gelangt der Nutzer des Freifunk-Netzes ins Internet. Damit ist die Kirchengemeinde die Haftungsfrage los.
  3. Durch das separate WLAN des Freifunkrouters können die Mitarbeitenden weiterhin im internen WLAN arbeiten, ohne sich mit Änderungen herumschlagen zu müssen.

test1Konkrete Schritte

Zuerst gilt es den richtigen Router für die Anforderungen zu kaufen. Für mal zwei bis drei Personen im Freifunknetz reicht ein Modell für etwa 15€ (TP-Link WR841N); für 15-20 Personen wie meine Konfistunde brauchte ich schon das nächst größere Modell für etwa 50€ (TP-Link WR1043ND). Hätte ich meine ganze Konfigruppe mit Teamern gleichzeitig online gebraucht hätte es wohl der Router für etwa 80-90€ (TP-Link WDR4300/ Archer C7) sein müssen. Im Zweifelsfall hilft die lokale Freifunk-Initiative gern weiter – persönlich oder per Website (Freifunk Lippe). Gerade bei komplizierteren Situationen (Außenbereich, WLAN soll woanders liegen, als der Anschluss ist,…) lohnt es sich Kontakt aufzunehmen.

Der von euch ausgewählte Router braucht nun neue Software, sogenannte Firmware. Die findet ihr ebenfalls auf der Website der lokalen Freifunk-Community. Diese Firmware (bitte passt auf die genauen Bezeichnungen und Versionen der Router auf) wird anschließend installiert. Auch damit sind euch die Freifunker im Zweifelsfall gern behilflich.

Danach sollte es ausreichen euren nagelneuen Freifunk-Router an euren Gemeinderouter anzuschließen. Letzter Schritt: Freuen und Surfen!

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PS: Freifunker arbeiten in der Regel sehr gerne mit Kirchengemeinden zusammen, da die Kirchtürme mit ihrer großen Höhe gute Positionen für Richtantennen sind und so Verbindungen über lange Strecken und die WLAN-Versorgung größerer Gebiete ermöglicht.

PPS: Was spricht dagegen? Nichts. Ok, ein paar Dinge könnte man anführen:
1. Mit dem Router wird ein offenes Wlan aufgebaut (meist mit SSID stadtxy.freifunk.net) in das sich jeder einloggen kann. Hu, auch Nicht-Gemeindemitglieder? Ja, und?!
2. Der Schutz vor der Störerhaftung ist nicht 100% sicher, sondern nur so um die 99,9999999% (jemand mit extrem vielen Kenntnissen könnte mit geringer Wahrscheinlichkeit den Router entsprechen hacken). Aber mal ehrlich, 100%ige Sicherheit gibt es nicht!
3. Es wird berichtet (wohl weil es in Deutschland wenig freies WLAN gibt) dass um die Freifunk-Hotspots gern auch bis spät nachts Menschen stehen, die laut sind – nichts, was man nicht im Notfall mit einer Zeitschaltuhr regeln kann.

Computer, Kirche, Linux, OpenSource, Praxis, SocialMedia

Multi-Cam Livestreaming für kleines Geld

Was tun, wenn man einen MultiCam-Livestream machen will und dafür kein Budget hat? Improvisieren! Meine Lösung: Eine Kombination aus Webcam, Smartphone, Actioncam und der OpenSource Software OBS (Open Broadcaster Software – ich verwende die Version OBS Studio). Tatsächlich habe ich bis auf ein wenig Zeit genau 0€ in das System investiert, aber ich habe natürlich einen größeren Fundus an technischem Gerät zu Hause herum liegen. Selbst wenn ihr nichts außer einem halbwegs aktuellen Rechner habt, ist ein Livestream für kleines Geld möglich.

Exkurs: Warum nicht einfach mit Smartphone-Apps wie Periscope oder Bambuser? Weil dort keine Bauchbinden und eben keine Kamerawechsel möglich sind. Mein Anwendungsszenario sind Vorträge, Gottesdienste und  Podiumsdiskussionen, bei denen Sprecher wechseln und auch eine Totale zwischendurch sehr hilfreich ist.

Zentrale Schaltstelle ist ein Laptop mit OBS. OBS (Studio) läuft wunderbar unter Linux, OS X und Windows. Wie gut das Zusammenspiel mit den anderen Komponenten ist, hängt von den Treibern und Anschlüssen ab. Ich habe bspw. Probleme mit meinem kombinierten Audio-Ein/Ausgang (den ich für die Verwendung meines Mikrofons erst mit einem Adapter versehen muss) und meiner Actioncam SJ4000 (unter Linux läuft sie ohne Probleme als USB-Webcam und unter Windows stürzt sie ab).

OBS arbeitet mit Youtube, Facebook-Live und diversen anderen Streamingplattformen zusammen. Die Bedienung ist nicht immer ganz intuitiv, aber schnell erlernbar. Da ich euch hier nicht mit einer endlosen Slideshow von Screenshots zuballern will, habe ich die grundlegenden Funktionen per Video zusammengefasst (übrigens ist dieses Video per OBS aufgenommen, da OBS auch den Bildschirm und sogar einzelne Fenster abfilmen kann).

Zusätzlich zum Mikrofon und der Actioncam verwende ich noch eine Logitech C270 und im Notfall mein Android-Smartphones (per DroidCam in der Bezahlvariante). Für das Streaming in 720p braucht man schon einen ordentlichen Upstream (mein Versuch bei 1 MBit Upstream waren sehr dürftig). Hinzu solltet ihr eine Umgebung mit ausreichend Licht wählen, da die billigen Cams nicht besonders lichtstark sind. Für die Zukunft werde ich meine 3x4m Bühnenmolton (als Hintergrund) und meine zwei Softboxen mitnehmen. (Man mag kaum glauben, mit was für Hintergründen und was für Licht manche Veranstaltungen durchgeführt werden.) Wer auch bei schwierigen Aufnahmeverhältnissen eine bessere Bildqualität möchte, sollte sich mal die Webcam-Modelle von Logitech oder Microsoft für um die 100€ anschauen.

Mein Setup

Falls ihr kein gescheites Mikrofon, aber dafür einen Soundrecorder (wie etwa ein Zoom H2N) habt, könnt ihr auch den für eure Aufnahmen nutzen. Zumindest mein H2N kann als USB-Mikrofon genutzt werden.

Dieses einfache Setup mit billigen Komponenten kann beliebig nach oben aufgerüstet werden. OBS arbeitet auch mit HDMI-Capture-Cards zusammen, so dass ihr DSLRs und andere potente Kameras fürs Streaming benutzen könnt. Für die Zukunft plane ich für Konferenzsituationen noch ein Mischpult zwischen den Line-In/Mikrofoneingang und die Audioquelle einzubauen. Damit kann ich viele hochwertige Mikrofone gleichzeitig einsetzten und mir die ideale Audiomischung direkt per Kopfhörer zusammenstellen. (Ein großer Nachteil meines bisherigen Setups ist der nicht kontrollierbare Sound. Vielleicht ist dafür aber auch nur ein wenig mehr Herumprobieren nötig.)

Zum Schluß noch eine Auflistung der Komponenten mit ungefähren Preisen:

  • Logitech C270, Webcam (max. 1280×720) – ca. 30€
  • SJCAM SJ 4000, Actioncam (max. 1920×1080) – ca. 60-80€
  • DroidCamX (App und Software fürs Androisphone) – 4€
  • Takstar SGC-598, Shotgunmikrofon – ca. 30€
  • diverse Stative – 5-40€/Stück
  • aktives (!) USB-Verlängerungskabel, 10m – ca. 15€
  • diverse Adapter und Kabel – ca. 10€

Aber ganz ehrlich: Wenn es nichts hochoffizielles sein soll, benutzt das, was ihr da habt. Vielleicht kann eure DSLR ja per USB als Webcam genutzt werden, oder jemand im Bekanntenkreis hat zufällig eine ungenutzte Webcam irgendwo liegen. Denkt nur daran, dass der Ton mindestens 50% eines guten Streams ausmacht!
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Nachtrag: Wer es etwas hochwertiger möchte, sollte mal bei der Projektstelle social media der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vorbei schauen.

Philosophie, SocialMedia, Theologie

Das Internet ist (nicht) anders

In der Serie zu Internettheologie versuche ich hier mal einen vorsichtigen Start zur Grundlage, auch wenn ich dafür (auch auf Hinweis eines Kommilitonen hin) gerne mehr Ahnung in den Kommunikationswissenschaften gehabt hätte. Wenn mich das Thema weiter so fesselt, werde ich das nachholen.

Jede Generation kommuniziert mit ihren eigenen Mitteln. Die Mittel ändern sich im Laufe der Zeit, einige verschwinden andere kommen hinzu. So ersetzte die Buchstabenschrift nach und nach die Bilderschriften, als Paulus seine Briefe schrieb, gehörten Ostraka schon zum alten Eisen und Codices verdrängten langsam die Schriftrollen.

Heute stehen wir wieder vor einem Umbruch der Kommunikationsmittel, allerdings ist es etwas komplizierter. Nicht nur, dass durch die Erfindung des Telefons eine neue Form der Übermittlung geschaffen wurde (nicht-schriftliche Fernkommunikation), die Erfindung und massenweise Verbreitung des Computers schafft völlig neue Kommunikationskanäle. Wichtig in diesem Zusammenhang ist wohl der Mix aus fernmündlichen Kanälen (wie etwa Skype, VoIP oder Hangout) und textbasierten Kurznachrichten, die quasi echtzeitdialogisch genutzt werden können. Letztere wurden wohl zuerst durch die E-Mail und SMS Ende der 1980er Jahre implementiert (heute z.B. IRC, ICQ, Twitter).1

Nicht zum ersten Mal benutzen wir eine Trägerschicht, die die Zeichen nicht von vorn herein dauerhaft speichert, wie Palimsestfunde2 bezeugen. Heute sieht die Sache allerdings etwas anders aus, denn die Speicherung macht beim heutigen Stand der Technik weniger Sorgen als das Wiederfinden.

Nun taucht heute aber immer öfter der Begriff der Virtualität auf, und der Wert der Kommunikation Mittels Computer wird herabgestuft. Ist der Unterschied zu den vergangenen Umbrüchen in der Kommunikationstechnik wirklich so groß? Ist es vielleicht nur ein weiteres Auftreten des Phänomens „Wer braucht denn das Telefon, es gibt doch Briefe“? Ich gebe zu, dass es eine weitere Beschleunigung der Kommunikation und vielleicht auch unseres Lebens ist, mit immer mehr menschen immer direkter (und nicht physisch in der Nähe) zu kommunizieren, aber ist die Kommunikation deswegen minderwertiger? Wenn wir uns das Anfangsbeispiel von Paulus ansehen, waren doch damals seine Briefe nur ein Mittel, um nicht wieder in die Gemeinden reisen zu müssen und ihnen trotzdem etwas mitzuteilen. Ich glaube fest daran, dass Paulus jedes ihm verfügbare Mittel genutzt hätte, um das Evangelium (einige würden sagen „seine Theologie“) zu verkünden. Seine Briefe sind nicht weniger virtuell als dieser Blogeintrag, denn seine Worte konnten ebensowenig physisch gehört werden.3

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1 Evtl. wäre hier noch das Telex zu nennen, auch wenn es meines Wissens eher für andere Zweck eingesetzt wurde.

2 Eine Parallele zum Palimsest gibt es auch heute noch: Gelöschte Dateien, die mittels verschiedener Techniken der Festplatte wiederhergestellt werden können.

3 Text-to-Speech wäre ein interessanter Ansatz wenigstens ein Stück weit Richtung Physis zu gehen, allerdings hat der Empfänger damit trotzdem keine physische Nähe zum Sender.

Philosophie, SocialMedia

Virtuell = fiktiv/irreal?

Immer wieder kriege ich zu hören, dass das was ich da im Internet mache ja nicht das echte Leben sei. Freundschaften seien nicht real, die ganze Kommunikation sei nur virtuell und damit nicht ernst zu nehmen. Heißt es nicht auch IRL – in real life?

Um es ein für alle mal zu sagen, virtuell ist nicht das Gegenteil von real! Virtuell ist das Gegenteil von physisch. Und ich gebe unumwunden zu, dass meine ich im Internet niemandem während des Chats auf die Schulter klopfen kann. Aber ist die Kommunikation an sich deshalb weniger real? Nein, sie ist anders. Ich kann per Internet viele Dinge nicht wahrnehmen, die ich in einem Gespräch mit jemandem auf Armabstand wahrnehmen würde. Ein hibbeliges Verhalten, ein glänzen in den Augen oder allgemein gesagt Körpersprache ist schwierig über das Internet zu transportieren – selbst wenn man eine Videoverbindung hat.

Die Kommunikation hat trotzdem ihren Wert. Denn manchmal reichen 140 Zeichen ab und zu, um einen Menschen schätzen zu lernen, auch wenn man ihn noch nie persönlich („physisch“) getroffen hat. Auch wenn man bei einem folgenden persönlichen Treffen manchmal merkt, dass man sich im physischen Leben nichts zu sagen hat, ist die Kommunikation und die Wertschätzung im Netz deshalb nicht irreal.

Durch die Neubewertung des Begriffs „Freund“ im Netz durch Facebook ist bei vielen nicht so netzaffinen Menschen der Eindruck entstanden, dass die 300 (oder 500 oder 1000) Freunde im Netz nicht real sein können.*

Und wenn die Freunde im Netz schon nicht real sind, wie soll es dann der Rest sein?

Real ist die Kommunikation im Netz auf jeden Fall, denn es gibt Sender, Empfänger und die Nachricht, ganz klassisch. Viel interessanter finde ich, dass die Kommunikation an sich aber auch nicht virtuell bleibt, sondern mit unseren Augen, Ohren und Emotionen auch physisch wird.

PS: Habt ihr eine passende Idee, wie man sein Leben im Netz vom anderen begrifflich sauber und ohne Vorurteile trennen kann? Online – Offline? Digital – Analog? FirstLive – SecondLive? Oder ist für euch eine solche Trennung überholt?

*In diesem Zusammenhang fände ich es übrigens spannend mal „Freund“ als Begriff zu definieren, einmal althergebracht (vielleicht mit dem Blickwinkel unterschiedlicher Generationen) und einmal auf Facebook-Art.