Computer, Kirche, OpenSource, Praxis, Snapchat, SocialMedia

Social Media Gottesdienst – Technik, Konzept und Erfahrungen

Nachträglicher Screenshot der Social Media Wall (die Gottesdienstgemeinde wurde gerade um Fürbitten gebeten)

Nicht weniger als sechs IKEA-Boxen mit Technik, drei Kabeltaschen, fünf Computer und zwei Smartphones waren beim ersten Social Media Gottesdienst in Lippe hinter den Kulissen im Einsatz. Ich wollte möglichst viele Möglichkeiten der Beteiligung schaffen und so war die technische Seite des Gottesdienstes recht aufwändig. Letztlich ist aber auch eine deutliche Vereinfachung möglich. 🙂

Der getriebene Aufwand lag am Beteiligungskonzept des Gottesdienstes. Der Gottesdienst wurde über YouTube live gestreamt. Unser Team sorgte außerdem dafür, dass auch Menschen ohne Livestream mitbekamen, worum es gerade beim Gottesdienst gerade ging (Liturgie und Inhalte in jeweils 140 Zeichen). Diese Beiträge landeten auf einer Social Media Wall, die über einen Beamer im Gottesdienstraum sichtbar war. Das wäre allerdings recht witzlos gewesen (die Gottesdienstbesucher in der Kirche waren ohnehin anwesend), wenn nicht noch andere Inhalte dort gelandet wären.

Die Online und Offline-Besucher hatten an drei Stellen die Möglichkeit sich zu beteiligen und so auf der Wall zu landen: Erfahrungen zum Gottesdienstthema äußern, Fragen zur Predigt stellen und Fürbitten einbringen. Dazu konnte auch jederzeit kommentiert werden bzw. wichtige Gedanken wiederholt werden (und an die Außenwelt gesendet werden). Die Wall war natürlich nicht nur in der Kirche sichtbar, sondern auch über eine Website abrufbar. Die Beträge auf der Wand wurden dann wieder vom Liturg/Prediger aufgenommen bzw. beantwortet.

Somit wurde nicht nur – wie bei einem Fernsehgottesdienst – der Gottesdienstraum erweitert, sondern auch eine Beteiligung über physische Grenzen hinweg ermöglicht. Die Bayrische Landeskirche hält in ähnlichem Stil für einige Fernsehgottesdienste ein Social Media Desk bereit. (Wer mehr zum Warum einer solchen Gottesdienstform lesen möchte, sollte sich diesen Artikel anschauen.)

Um mit ihren Beiträgen auf die Wall zu kommen, konnten die Gottesdienstbesucher in sechs verschiedenen Netzwerke: Twitter, Instagram, Google+, Facebook, WhatsApp und Snapchat posten. Die ersten drei der Netzwerke waren problemlos über einen Hashtag auf der Wall verfügbar. Auf Facebook musste man in die Diskussion des Facebook-Events posten und landete ebenfalls automatisiert auf der Wall. Etwas kniffeliger waren die WhatsApp und Snapchat für uns. Meine Überlegung sie trotzdem mit in den Reigen der Beteiligungsmöglichkeiten einzuschließen, war die riesige Verbreitung von WhatsApp und der spezielle Jugendfokus von Snapchat.

Da beide Messenger keine offene Programmierschnittstelle zur Verfügung stellen, mussten wir die Nachrichten händisch umleiten. WhatsApp machte es uns über sein Browserinterface (web.whatsapp.com) sehr einfach. Also einfach eine PrePaid-Karte kaufen, in ein Smartphone stecken, und die Nummer an die Gottesdienstbesucher herausgeben. Die Arbeit im Gottesdienst ist eigentlich trivial: Nachricht in dem einem Browsertab sehen, kopieren und dann in Google+ in einem anderen Browsertab reinkopieren (Hashtag nicht vergessen!). Selbst Bilder konnten einfach heruntergeladen und neu gepostet werden. (Leider waren die Konfis beim ersten SocialGoDi nicht wirklich konzentriert und ich hatte zu wenig Zeit für die Einweisung.)

Snapchat machte mir etwas Sorgen und ich habe mit diversen virtuellen Maschinen experimentiert, was leider aus verschiedenen Gründen nicht zum Erfolg führte. Schließlich gab ich entnervt auf und fand eine andere Lösung: Die Gottesdienstbesucher schreiben ihren Beitrag per Nachricht an einen bestimmten Snapchat-Account, der für den Gottesdienst eingerichtet wurde. Ein Mitarbeiter sieht die Nachricht auf seinem Telefon, macht einen Screenshot davon und postet es auf Instagram (wieder: Hastag nicht vergessen).

Zu diesem Zweck habe ich jeweils G+ und Instagram-Accounts mit dem Namen GoDiBesucher erstellt, damit auf der Wall erkennbar war, dass dort keine Einzelperson schreibt.

Netzwerkstruktur

Als Social Media Wall kam walls.io zum Einsatz. Dort bekam ich dankenswerterweise einen Sponsored Account, was eine Menge Budget eingespart hat. Walls.io ist echt eine eierlegende Wollmilchsau, was Netzwerke angeht und die Filtermöglichkeiten sind für einen Gottesdienst sehr gut, falls Spammer o.ä. darauf aufmerkam werden. Und durch verschiedene Themes kann man sogar eine Einbindung in den Livestream machen (das Grid-Theme eignet sich zum Beispiel dafür, Blogeintrag folgt).

Der Livestream wurde mit der landeskircheneigenen DSLM-Kamera, einer Webcam für den (real eingetretenen) Notfall und der Software OBS realisiert. Die Wall wurde über ein Web-Plugin in schmaler Breite eingebunden. (Die ersten Gehversuche zum Livestreaming habe ich hier beschrieben, zum jetzigen Livestreaming-Setup blogge ich demnächst  habe ich diesen Blogpost geschrieben.) Der Ton kam via USB-Mischpult von einem Grenzflächenmikrofon auf dem Abendmahlstisch und einer Klinke-DI-Box-XLR-Verbindung vom Mischpult der Band.

Das Internet für die Gottesdienstbesucher wurde über einen Freifunk-Router zur Verfügung gestellt.

Dazu kam noch ein wenig Beleuchtung, weil die Kirche viel zu dunkel zum Streamen war und so blieben wir knapp unterhalb der Leistungsgrenze des Stromnetzes.

Erfahrungen:

  • Vorher sollte in der Kirche geklärt werden, wo was stehen kann. Eine Besichtigung bei unbekannten Kirchen ist ratsam, da einige Kirchen recht verwinkelt sind und keine gute Sicht auf die Social Media Wall gewährleistet ist. Da walls.io als Website ausgegeben wird, ist ein zweites Beamer-Leinwand-Gespann an anderer Stelle kein Problem.
  • Der Internetanschluss ist das A und O. Ohne ihn läuft nichts. Will man mit 720p streamen, braucht man etwa 1 MBit/s Upload (vorsicht, alte DSL-Anschlüsse haben das nicht, oder kratzen nur so gerade daran! Probiert es mit einem Speedtest aus und denkt an den anderen Traffik, der ggfs. über diese Leitung gehen muss.) Ob das Internet aus der Wand oder der Luft kommt, ist egal, doch ist letzteres störanfälliger. Ein großer LKW in Richtung Funkmast kann da gern alles zusammenbrechen lassen. Außerdem kann es sein, dass man den Router bzw. die Antenne in einiger Entfernung von der Kirche aufstellen muss, um gutes Netz zu bekommen.
  • Man muss große Sorgfalt auf die Formulierung der Mitmach-Aufforderung legen, da es ein ungewohntes Element im Gottesdienst ist, es braucht genaue Ansagen, wie die Fragestellung etc. ist. Eine Einweisung in die genutzten Kanäle vor dem Gottesdienst ist ebenfalls nicht verkehrt (ggfs. auch Zettel, wenn es kompliziert ist).
  • Aufführungslizenzen sind wichtig. Die GEMA erteilte mir die Auskunft, dass ihre Werke die im Gottesdienst aufgeführt wurden, vom Pauschalvertrag der EKD abgedeckt sind. Nach der Veröffentlichung der Aufzeichnung habe ich noch nicht gefragt. Dummerweise (auf der anderen Seite ist es aber das größte Glück für Kreative) ist die GEMA nicht mehr Monopolist in Sachen Aufführungsrechte, so dass man zusätzlich schauen/anfragen muss, wo die Rechte liegen und ob es eine Zustimmung ggfs. gegen Gebühren gibt.

Vereinfachungsmöglichkeiten

  • Wenn man bestimme Netzwerke weglässt wird es einfacher. Besonders Snapchat und WhatsApp machen Arbeit – FB, Instagram, G+ und Twitter laufen einfach so in die Wall (was aber natürlich vorbereitet werden muss).
  • Der Livestream muss nicht mit einem so großen Aufwand geschehen. Im Zweifelsfall reicht auch ein Handy mit externem Mikrofon und einer Streaming-App (Bambuser etwa kann auch mit geringen Bandbreiten umgehen [hat aber leider den Nachteil, dass man nicht kostenlos in HD streamen kann].)
  • Die Liturgie nach außen zu twittern hat natürlich nur Sinn, wenn es auch Leute draußen gibt – es ist ja auch denkbar die Social Media nur zu nutzen, um intern im Gottesdienstraum zu kommunizieren. In manchen Gegenden, in denen es durchgehen Breitbandanschlüsse gibt (und es somit eine Möglichkeit gibt den Livestream zu sehen), kann ebenfalls darauf verzichtet werden.
  • Die Vereinfachung kann man natürlich bis zu einem normalen Gottesdienst treiben, in dem einfach Fürbitten per WhatsApp an das Smartphone des/der Pfarrers/Pfarrerin geschickt werden, selbst das dürfte eine bahnbrechende Neuerung für die meisten Gemeinden sein.

PS: Der nächste Gottesdienst dieser Art findet übrigens am 9.4.17 um 11 Uhr in Detmold statt: http://www.evangelippisch.de/2017/04/03/social-media-gottesdienst-leiden-leiden-leidenschaft-unsere-kraft/

Computer, Jugendarbeit, Kirche, OpenSource, Praxis

Freifunk für Gemeinden

Für eine Methode in meinem Konfiunterricht (Blogeintrag folgt siehe „Konfistunde zur Passionsgeschichte„) brauchte ich WLAN. Allerdings konnte ich nicht einfach den Router des Gemeindehauses für die Konfis öffnen, deshalb entschied ich mich spontan einen Freifunk-Router aufzustellen. Der eignet sich übrigens nicht nur für temporäres Aufstellen für die Konfis, sonders besonders für den dauerhaften Betrieb für Flüchtlings-Cafes, Internet-Gottesdienste und ganz allgemein Gäste der Gemeindehäuser und Kirchen.

Warum ich nicht einfach den WLAN-Schlüssel an die Konfis weitergeben kann

  1. die Konfis würden sich im internen Netz bewegen und so bei schlecht konfigurierten Netzen  (wie sie leider in der 08/15-Gemeinde häufig vorkommen) auf interne Daten zugreifen. Das berührt dann die beiden sensiblen Bereiche Datenschutz und Datensicherheit.
  2. Was wenn die Konfis im Netz Blödsinn anstellen? Es muss ja gar nicht der große digitale Bankraub sein, es reicht ja schon ein illegal heruntergeladenes Musikstück. Die Haftung habe ich/die Gemeinde als Anschlussinhaber und zahle in aller Regel die Abmahngebühr von 500€ bis zu mehreren tausend Euro. Das Schlagwort hierzu lautet Störerhaftung. Auch wenn gerade ein neues Gesetz zu offenen WLANs auf dem Weg ist, wird es Die Störerhaftung nach Einschätzung einiger Rechtsexperten weiterhin geben.
  3. Habe ich einmal die Zugangsdaten herausgegeben, haben die Konfis sie entweder, oder ich muss sie immer wieder bei Bedarf ändern, was den anderen Mitarbeitenden sauer aufstoßen könnte, da sie dann nicht mehr ins Netz kommen.

Meine Lösung: Freifunk

Mit einem Freifunk-Router baut man ein zusätzliches Netzwerk auf, das nur den Internet-Zugang des Gemeinderouters braucht. Ist diese Verbindung erst einmal hergestellt lösen sich alle drei genannten Probleme in Luft auf, denn:

  1. Der Freifunk-Router leitet jede Verbindung durch einen verschlüsselten Kanal durch den Gemeinderouter (oder natürlich auch den normalen privten Router) und erst dann ins Internet (man spricht vom Tunneln, violett dargestellt). Aus diesem Datentunnel kann der Nutzer des Freifunk-Routers nicht ausbrechen und somit nicht auf Daten aus dem Gemeindnetz zugreifen.
  2. Der Tunnel wird vom Freifunk-Router genaugenommen nicht nur ins Internet gebuddelt, sondern bis zu einem speziellen Server, der nicht von der Störerhaftung betroffen ist. Erst dort gelangt der Nutzer des Freifunk-Netzes ins Internet. Damit ist die Kirchengemeinde die Haftungsfrage los.
  3. Durch das separate WLAN des Freifunkrouters können die Mitarbeitenden weiterhin im internen WLAN arbeiten, ohne sich mit Änderungen herumschlagen zu müssen.

test1Konkrete Schritte

Zuerst gilt es den richtigen Router für die Anforderungen zu kaufen. Für mal zwei bis drei Personen im Freifunknetz reicht ein Modell für etwa 15€ (TP-Link WR841N); für 15-20 Personen wie meine Konfistunde brauchte ich schon das nächst größere Modell für etwa 50€ (TP-Link WR1043ND). Hätte ich meine ganze Konfigruppe mit Teamern gleichzeitig online gebraucht hätte es wohl der Router für etwa 80-90€ (TP-Link WDR4300/ Archer C7) sein müssen. Im Zweifelsfall hilft die lokale Freifunk-Initiative gern weiter – persönlich oder per Website (Freifunk Lippe). Gerade bei komplizierteren Situationen (Außenbereich, WLAN soll woanders liegen, als der Anschluss ist,…) lohnt es sich Kontakt aufzunehmen.

Der von euch ausgewählte Router braucht nun neue Software, sogenannte Firmware. Die findet ihr ebenfalls auf der Website der lokalen Freifunk-Community. Diese Firmware (bitte passt auf die genauen Bezeichnungen und Versionen der Router auf) wird anschließend installiert. Auch damit sind euch die Freifunker im Zweifelsfall gern behilflich.

Danach sollte es ausreichen euren nagelneuen Freifunk-Router an euren Gemeinderouter anzuschließen. Letzter Schritt: Freuen und Surfen!

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PS: Freifunker arbeiten in der Regel sehr gerne mit Kirchengemeinden zusammen, da die Kirchtürme mit ihrer großen Höhe gute Positionen für Richtantennen sind und so Verbindungen über lange Strecken und die WLAN-Versorgung größerer Gebiete ermöglicht.

PPS: Was spricht dagegen? Nichts. Ok, ein paar Dinge könnte man anführen:
1. Mit dem Router wird ein offenes Wlan aufgebaut (meist mit SSID stadtxy.freifunk.net) in das sich jeder einloggen kann. Hu, auch Nicht-Gemeindemitglieder? Ja, und?!
2. Der Schutz vor der Störerhaftung ist nicht 100% sicher, sondern nur so um die 99,9999999% (jemand mit extrem vielen Kenntnissen könnte mit geringer Wahrscheinlichkeit den Router entsprechen hacken). Aber mal ehrlich, 100%ige Sicherheit gibt es nicht!
3. Es wird berichtet (wohl weil es in Deutschland wenig freies WLAN gibt) dass um die Freifunk-Hotspots gern auch bis spät nachts Menschen stehen, die laut sind – nichts, was man nicht im Notfall mit einer Zeitschaltuhr regeln kann.

Kirche, Praxis, Snapchat, SocialMedia

Wie Melina Sophie in die Predigt kam, oder: Die Kunst eine Gelegenheit beim Schopf zu packen

Eigentlich sollte der Gottesdienst am 24.1. ein ganz normaler Gottesdienst werden. Eigentlich. Am Ende wurde daraus eine Fusion aus agendarischem („traditionellem“) Gottesdienst und Jugendgottesdienst. Die Konfirmanden hatten in der Predigt einen WTF-Moment und der älteren Kundschaft hats auch gefallen.

Mitten im Examen sollte man sich eigentlich (← schon wieder dieses Wort😁) keine Extra-Arbeit aufladen, aber ich tue ja, was ich kann. Durch die Mobilitätsschwierigkeiten in meiner ländlichen Gemeinde traf es sich, dass eine Jugendliche nicht zum Nachtreffen des Snapchat-Adventskalenders kommen konnte. Da in ihrem Heimatdorf der erste meiner zwei Gottesdienste lag, konnte ich die direkt danach zum zweiten Gottesdienst im Nachbardorf mitnehmen – denn direkt im Anschluß fand das Nachtreffen statt. Halbernst schlug ich ihr vor, dass sie doch die Lesung machen könne, dann müsste sie im Gottesdienst nicht ganz so passiv sein. Unsere Kommunikation lief teils über eine Whatsapp-Gruppe, weswegen sich kurze Zeit später ein weiterer Jugendlicher meldete und beim Gottesdienst mitmachen wollte. Nach zwei weiteren Stunden waren wir zu viert und es wurde beschlossen die Lesung zu visualisieren (erste Idee: Legofiguren). Da die Perikopenreihen ja eher Richtlinien als Regeln sind, machte ich das Evangelium zum Predigt- und Lesungstext und so hatten wir das wunderbare Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg zum Bearbeiten.

Bezahlung der Tagelöhner
Bezahlung der Tagelöhner

Zufällig hatte ich ein paar biblische Figuren herumliegen, die dann von den Jugendlichen als Arbeitsgeräte gewählt wurden. Dazu eine Softbox, die wir schon für den Snapchat-Adventskalender genutzt hatten und ein Smartphone mit einigermaßen guter Kamera und fertig war eine Arbeitsgrundlage. Als wir dann zusammen saßen um die Bilder zu machen, wollten die Jugendlichen plötzlich mehr: Ja, warum nicht gleich den ganzen Gottesdienst planen! Sie suchten eifrig Lieder aus, wählten Psalm und Glaubensbekenntnis aus und gaben sich selbst Aufgaben im Gottesdienst. Die Fürbitten wurden einem nicht anwesenden Konfirmanden aufgetragen und mir blieb am Ende nur noch die Predigt und einige Kleinigkeiten.

Die beste Gelegenheit für diesen Gottesdienst bot sich allerdings, als am Freitag vorher Melina Sophie auf Snapchat folgendes Statement brachte:

Leb einfach dein Leben. Gönn vor allem anderen Menschen was! Ich versteh nicht, warum so viele das nicht können. Und mach das beste aus deinem eigene Leben.

melina
Leb‘ einfach dein Leben🎉❤
A video posted by Melinas Snaps👻 [ 9,8k😍 ] (@melinasophie.snapchat) on Jan 22, 2016 at 5:04am PST

Leider wusste ich nicht früh genug von Melinas Snaps auf Instagram und zusätzlich zickte meine Screenrecording-App rum (und mein jugendlicher Präsentationsbauer hatte keine Zeit mehr). Deshalb blieb es leider bei einem mündlichen Zitat an der Stelle in der Predigt wo es um den Neid der ersten Arbeiter ging, die nicht mehr als die letzten bekommen. Die Blicke der Konfirmanden, als ich Melinas Namen nannte waren einfach grandios. 😄

Quintessenz: Gelegenheit trotz etwa 3 Stunden mehr Arbeit beim Schopf gepackt, 4 Jugendlichen den Spaß am Gottesdienst machen beigebracht (oder vertieft), 4 Jugendlichen etwas zugetraut und ihnen Vertrauen geschenkt, diverse ganz neue Konfirmanden einen Gottesdienst gezeigt, der etwas mit ihrem Leben zu tun hatte, normalen Gottesdienstbesuchern einen fast normalen Gottesdienst geboten (ok, mit Leinwand und ein paar mehr Akteuren, aber sie waren trotzdem zufrieden), 4 Kirchenälteste glücklich gemacht, weil sie wegen der vielen Besucher mehr Stühle aufstellen mussten als geplant (Werbung durch die Jugendlichen + Werbung auf Facebook + ganz neue Konfi-Generation),…

Geplant war ein ganz normaler Gottesdienst… Sowas kann man sicherlich nicht jeden Sonntag machen, aber einmal im Monat bestimmt. Traut euren Jugendlichen etwas zu, dann haben die ihren Spaß und ihr auch. Gleichzeitig kommt eure Botschaft viel besser rüber, weil sie von fast Gleichaltrigen kommt – oder von den Kindern, oder den Enkeln.

Ein dickes Dankeschön an meine Jugendlichen, meine Vikariatsgemeinde (die so viele Experimente von mir aushält und auch noch gut findet) und Melina Sophie, die hiervon vermutlich nie etwas erfährt 😉. Nunja, wenn man große Theologen zitiert, erfahren die es ja auch nicht… 😜

Und bei euch so? Schnappt ihr euch dieGelegenheiten oder lasst ihr sie ziehen? Welche Gründe habt ihr für das eine oder das andere? Oder habt ihr gar kein Klima für Gelegenheiten? Oder keine Zeit? Lasst es mich wissen! Und habt immer den Mut zu experimentieren, denn das gehört zum Wesen der Kirche! (nach Ralf Kötter, Das Land ist hell und weit)

 

Kirche, Praxis

Jugendgottesdienst an Weihnachten

weihnachtsbaumAn Weihnachten gibt es gwöhnlich Familiengottesdienste (meist mit Krippenspiel), Gottesdienste mit Kulturprogramm und „normale“ Weihnachtsgottesdienste mit viel Gesang, der Weihnachtsgeschichte und einer nicht allzu aufrüttelnden Predigt. Doch wo bleibt die Zielgruppe der Jugendlichen und junger Erwachsenen, die statt besinnlich-leise etwas besinnlich-fröhliches möchten? Ich habe in den letzten zwei Jahren Versuche unternommen, für diese Zielgruppe einen Weihnachtsgottesdienst zu gestalten und wollte euch davon ein wenig berichten – vielleicht inspiriert es euch ja. 🙂

Vorab stand die Überlegung einen Jugendgottesdienst zu machen, der trotz einiger Veränderungen ein Weihnachtsgottesdienst sein sollte, in dem sich auch Erwachsene wohl fühlen können. Das bedeutete für unser Planungsteam, dass sowohl die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 als auch traditionelle Weihnachtslieder (wenn auch nicht nur) vorkommen sollten. Die Instrumentierung der Lieder war zwischen Klassisch und modern: Orgel für die Ein- und Ausgangsmusik und für O du fröhliche und die Gemeindeband für die restlichen musikalischen Beiträge.

Dazugebe man eine ordentliche Portion Kreativität und sammle ein jugendliches Team, dem man viel Vertrauen entgegen bringt. Eine typische Kanzelpredigt muss nicht vorkommen, ein Anspiel ist möglich ein selbst gedrehtes Video cool und die Technik ist vor Ort. Wenn man dies alles durch den Mixer dreht, den Jugendlichen viel frei Hand lässt und überall dort unterstützt wo sie es wollen, dann kommt dabei ein wunderbarer Gottesdienst heraus, den die Gemeinde schon nach dem zweiten Jahr nicht mehr missen möchte.

Einige Ideen, Beispiele und Erfahrungen

  • Die Weihnachtsgeschichte war bei uns einmal komplett „geklaut“ (Weihnachtspageflow von evangelelisch.de) und einmal haben wir das folgende Video zurecht geschnitten und selbst die Weihnachtsgeschichte eingesprochen. Hier die Originalversion:
  • drei Jugendliche und unsere Gemeindepädagogin haben 2014 ein Video zum Thema Geschenke und 2015 zum Thema „Keine Zeit im Advent/Hetz mich nicht“ gedreht. 3-5 Minuten in denen sehr viel Inhalt in medial ansprechender Form präsentiert wurde. Die Aufnahmen waren nicht professionell aber mit viel Liebe zum Detail und mit unübersehbarer Freude gedreht, was sehr gut gewirkt hat.
  • Zwei Mädchen leiteten mit einem (fast) durchgehenden Anspiel durch den Gottesdienst und namen auf die gezeigten Videos und teilweise auf die gesungenen Lieder Bezug.
  • Als thematischen Einstieg/Weiterführung drehten und zeigten wir je eine Sequenz im Stil der Tagesschau (wo möglich mit Originaltext und vor einem Bluescreen um die Tagesschau-Kulisse einfügen zu können).
  • Auch verrückte Ideen hatten Platz. 2015 hatten wir das Thema „Hetz mich nicht“ und haben als Wachmacher einen Gottesdienst in 3 Minuten durchgezogen, bevor es STOP hieß (aus Sensibilitätsgründen haben wir Gebete und Segen ausgespart).
  • Die Technik war das erste Mal eine Achillesferse, wir wollten wohl zu viel. Eine komplett steuerbare Lichtanlage (mit zu den Szenen passenden Farben), ein Beamer mit angeschlossenem Fernseher (damit die beiden Schauspielerinnen die Videos und die Liedpräsentationen sehen konnten), die Band mit großer Anlage inklusive drei Funkstrecken und die Bedienung des Beamers durch ein per Wlan verbundenes Smartphone waren wohl zu viel. 😉
  • Als Präsentationswerkzeug für Lieder und Videos diente uns LibreOffice Impress. Powerpoint geht bestimmt auch. Dabei war die nahtlose Einbindung von Videos, die erst auf Klick hin abgespielt werden durften (aber eben auch genau dann) etwas knifflig.
  • Werbung für so einen besonderen Gottesdienst lohnt sich!
  • Einmal durchgeführt verringert sich die Vorbereitungszeit enorm, es sollte aber nicht der Aufbau unterschätzt werden (im zweiten Jahr hatten wir ein komplettes Bett, eine Lichtanlage für die Bühne und die Bandklamotten aufzubauen. Der Abbau dauerte mit etwa einer Stunde recht kurz).
  • Vorsicht, große Leinwände erfordern einige Zeit für den Auf- und Abbau.

Bei Interesse kann ich gerne noch einige Beispiele zeigen – nur eben leider nicht öffentlich im Netz. Vielleicht auf dem Barcamp Kirche Online (23.-25. September 2016) in Köln?

keine Kategorie, Kirche, Praxis, Tablet

Die digitale „schwarze Mappe“

Heute habe ich es endlich geschafft (und mich getraut) mein Tablet im Gottesdienst einzusetzen. Ich habe schon vor einiger Zeit von Pastoren gehört, die ihren Kindle einsetzen (und mittlerweile ihr Tablet) und habe vorletzten Monat eine Anfrage bekommen, ob man sich denn mit einem Tablet die Ausdruckerei der Gebete und der Predigt sparen kann. Nach der heutigen Erfahrung kann ich sagen: Ja.

Für den Notfall hatte ich heute im Gottesdienst alles auch noch mal in Papierform in der klassischen schwarzen Ledermappe. Tatsächlich eignet sich die wesentlich besser, wenn es um Übersichtlichkeit geht. Mal eben die Reihenfolge der Lieder für den Organisten raussuchen ist mit dem Tablet umständlicher oder erfordert Disziplin beim Formatieren.

Predigt auf dem Tablet
Unspektakulär: Predigt auf weißem Grund

Konkret habe ich mein Archos 80 G9 in einer (Kunst)Lederhülle dabei gehabt. Die verräterischen Löcher auf der Rückseite für die Kühlung und den UMTs-Stick habe ich mit kleinen Lederstückchen kaschiert. Die Texte kamen per OwnCloud in PDF-Form auf das Tablet. Hier habe ich ein bisschen mit dem Format spielen müssen, bis keine Ränder mehr zu sehen waren. Dazu den PDF-Reader Laban (den ich nach der Installation seltsamerweise nicht wiedergefunden habe). Die Anforderung war die Vollbildanzeige, werbefrei und möglichst wenig Ballast, insofern ist fast jeder schlanke PDF-Reader geeignet. LabanPDF finde ich auch deshalb gut, weil ich nicht unbedingt zum Seitenwechseln wischen muss, sondern auch ein Tip auf die entsprechende Bildhälfte ausreicht.

Die Vorbereitung in der Kirche (Einschalten, Display-Timeout auf „nie ausschalten“, Wlan aus, Benachrichtigungen aus, Display-Helligkeit an den Raum anpassen) liefen zügig und alles lief wunderbar. Ich warte noch auf Reaktionen der Gemeinde, ob das Tablet gestört hat; an der Kirchentür hat sich zumindest niemand beschwert. 😉

Einen Nachteil hat das Ding (trifft vielleicht nur auf <8″-Geräte zu), ich habe in der von mir bevorzugten Schriftgröße kein Glaubensbekenntnis/Fürbittengebet/… auf eine Seite bekommen und musste zwischendrin tippen. In meiner normalen Din A5-Mappe kann ich immerhin zwei Seiten nebeneinander haben und kann den Text entsprechend schieben.

Nach dieser Erfahrung, werde ich vermutlich in Zukunft weniger Papier und Toner verbrauchen. 🙂

Kirche, Praxis

Der interaktive Gottesdienst – ein erster Versuch

Gottesdienst ist keine One-Man-Show mehr. Die Gemeinde ist nicht nur eine passive Zuhörerin, sondern will hin und wieder beteiligt werden, selbst aktiv werden und vor allem selbst vorkommen. Mehr durch Zufall wurde mein letzter Gottesdienst interaktiver, als alle vorhergehenden.

Den Gottesdienst am Sonntag Quasimodogeniti (was für ein Wort!) stand ich mit der Prädikantin der Gemeinde auf dem Gottesdienstplan, sodass wir zu zweit ruhig etwas mehr Aufwand treiben konnten. Durch Terminschwierigkeiten hat es dann bis kurz vorher nur für eine Mail-Kommunikation gereicht, in der sich die Prädikantin etwas cooles, interaktives wünschte, vielleicht ein fiktives Interview, um ein bisschen Dialog in den Monolog zu bringen.

Damit war der Grundstein gelegt, auch wenn ich mir unter etwas interaktivem mehr vorstellte. Meine Gedanken gingen zurück in die gute alte Jugendgottesdienstzeit. Stationen? Zu viel Aufwand für einen (fast) normalen Sonntagsgottesdienst und den dazugehörigen Besuchern. Die Gemeinde um eigene Ad-Hoc- Statements zu ihrem Glauben schreiben oder gar sagen lassen? Vermutliche eine Überforderung. Fürbitten per SMS einsammeln? Falsche Zielgruppe.

Alles gut vermengt ist aber folgendes dabei herausgekommen: Glaubensstatements in der Predigt verwenden fand ich eine sehr gute Idee, aber sie sollten eben nicht spontan gezwungen sein. Ein fiktives Interview fand ich doof, weil gefühlt bei so einem Thema etwas authentisches kommen muss. Also, was tut der Herr Theologe, der sich zufällig ein wenig mit Computern auskennt? Richtig, eine Onlineumfrage. Die habe ich fluchs mit meiner* sowieso im Netz stehenden Seite gebastelt und in allen Kanälen verbreitet, die ohne Aufwand erreichbar waren. Die Fragen waren:

  • Ich glaube, dass …:
  • Das glaube ich, weil…:
  • Bist du ein Zweifler? (vier Antwortmöglichkeiten)
  • Dazu noch die freiwilligen Felder:
    • Ist Liebe beweisbar? (Ja/Nein)
    • Was ich noch sagen möchte:
    • Name
    • Alter

In den knapp eineinhalb Tagen bis zur finalen Predigtvorbereitung bekam ich 39 Rückmeldungen, die allesamt sehr persönlich waren. Es ist unglaublich wie offen die Statements sind und ich freue mich, dass in der kurzen Zeit so viele sich getraut haben etwas über ihren Glauben zu schreiben.

Überrascht hat mich die unglaublich positive Resonanz darauf, dass ich für einen Gottesdienst eine Umfrage starte… Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet, aber vielleicht bin ich zu sehr im Thema SocialMedia, Rückkanal bieten und Dialog ermöglichen drin.

Mit diesen Antworten hatte ich genug Material, um mich in die Predigtvorbereitung zu stürzen. Es wirde ein Hattrick aus Jesaja 40,26-31 (Predigttext), dem ungläubigen Thomas und den brandaktuellen Statements.** Alle 39 Umfrageantworten habe ich dann nach Rücksprache mit der Prädikantin am Ausgang der Kirche aufgehängt, damit ich die Gottesdienstbesucher nach dem Gottesdienst einen weiteren Eindruck verschaffen konnten.

Das eigentlich Interaktive für die Gemeinde (die so weit ich weiß nur von 1-2 Menschen aus der Gemeinde ausgefüllt wurde, weil mein SocialMedia-Netz noch nicht weit in die Gemeinde hereinreicht) war dann aber, dass sie während des Gottesdienstes eigene Fürbitten aufschreiben durften, die dann während des Lieds vor dem Gebet zu einem solchen zusammengestellt wurden. Die sehr positiven Rückmeldungen nannten aber auch einen Verbesserungsvorschlag, den ich das nächste Mal beherzigen werde: Während des normalen Gottesdienstes ist es schwer Fürbitten aufzuschreiben. Besser es gibt extra Zeit mit Orgeluntermalung o.ä. Da wir nicht wussten, ob es überhaupt oder viel zu viele Fürbitten gibt, haben wir mit allen Varianten geplant. Ein komplett vorbereitetes Fürbittengebet für den ersten Fall (ok, wir haben eins aus der Reformierten Liturgie rausgesucht) und eine Gebetseinleitung in dem wir uns für die überwältigend große Beteiligung bedanken und uns entschuldigen, dass nicht alle Anliegen ins Gebet kommen werden. Glücklicherweise trat bei uns der dritte Fall ein, es waren genau richtig viele Fürbitten.

Eine detaillierte Rückmeldung von meinem Gemeindementor habe ich leider noch nicht bekommen, weil er schnell zum nächsten Termin musste, aber die Rückmeldungen der Gemeinde waren sehr positiv. Ich habe noch nie nach einem Gottesdienst so oft „Danke“ gehört.

Es ist toll sich im Vikariat so ausprobieren zu dürfen, vor allem, wenn einem nicht nur eine fitte Prädikantin zur Seite steht, sondern auch wenn man einen Mentor hat, der einem die Vorbereitungszeit für etwas besonderes lässt.

Am Ende bleibt mir nur selbst danke zu sagen: Danke an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage, danke an die Prädikantin und alle anderen Beteiligten, Danke liebe Chefs (Mentor, Gott)!

 

*Nicht ohne Grund wollte ich auf einen externen Dienstleister verzichten. Es sollte möglich sein, anonym an der Umfrage teilnehmen zu müssen, ohne irgendwelche Firmen mit Daten zu beliefern.

**In der Umfrage habe ich nur angekündigt, die Einsendungen im Gottesdienst zu verwenden, deshalb fühle ich mich gebunden sie nicht hier zu veröffentlichen. Da sechs der Statements wörtlich in meiner Predigt auftauchen, kann ich diese auch nicht öffentlich machen, bitte verzeiht. Aber wer konnte damit rechnen, dass eine simple Umfrage so ein Interesse weckt? 🙂