OpenSource, SocialMedia

Friendica – ein OpenSource-Facebook?

Durch einen eher unscheinbaren Beitrag auf Diaspora von Friendica erfahren. Zuerst dachte ich an eine einfach zu installierende Pod-Distribution von Diaspora, aber es stellte sich als etwas wesentlich Größeres heraus.
Friendica ist ein komplettes Social Network, allerdings mit ein paar Besonderheiten.

  • Es ist kompatibel mit Diaspora (deshalb auch meine Fehleinschätzung)
  • Es gibt Gruppen wie bei Diaspora (oder Kreise in Google+)
  • Es pollt Facebookeinträge direkt in die eigene Timeline
  • Es kann Beiträge auch direkt an E-Mailadressen verschicken (wie Google+), auf Wunsch auch an einen verbundenen Facebook-, Twitter-, Blog- oder Identi.ca-Account
  • Es ist ein komplett dezentrales Netzwerk in dem jeder seine Daten auf einem eigenen Server haben kann und trotzdem mit jedem anderen Benutzer „befreundet“ sein kann
  • Es erlaubt mit einem Benutzernamen mehrere Profile (z.B. ein öffentliches Profil für Jedermann, ein privates Profil, das nur Freunde einsehen können, ein geschäftliches Profil mit Referenzen,…)
  • Es gibt einen „Dislike“-Button
  • Es hat verschiedene Themes

Die Liste lässt sich noch weiter fortführen. Leider kommen zu diesen vielen tollen Features auch einige Kritikpunkte. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich Friendica nicht unter idealen Bedingungen testen kann. Mein Test-Webspace hat weder Cronjobs, noch SSL oder wirklich viel Power unter der Haube.
Der größte Kritikpunkt ist die recht gewöhnungsbedürftige Oberfläche. Im Gegensatz zu Diaspora, Facebook und Google+ sind die Optionen recht zahlreich und nicht immer klar benannt. Der Unterschied zwischen „Netzwerk“ und „Gemeinschaft“ erschließt sich erst nach ein wenig Recherche. Die Menüpunkte unterhalb von „Netzwerk“ sind auf deutsch ebenfalls verwirrend. Nach umschalten der Sprache auf Englisch wird es dann etwas eindeutiger: „Commented Order – Posted Order – Personal – New – Starred – Bookmarks“. Mein Eindruck vom Facebookimport (anderen Content habe ich mangels anderer User gerade nicht) ist gespalten. Es kommt mir so vor, als seien nicht in jeder Ansicht alle Beiträge vorhanden. Die Anzeige an sich ist ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Einzelne Kommentare ohne Zusammenhang stehen direkt neben „richtigen“ Beiträgen. Was was ist, wird erst bei näherem Hinsehen klar. Der Facebook-Import an sich scheint noch nicht komplett zu sein, denn leere Beitrage in Friendica sind bei Facebook Befreundungen und manchmal Termine (ohne Datum und oben einsortiert, weil in der Zukunft).
Die Usability beim Posten ist leider auch enttäuschend. Keine einfache Gruppenwahl wie bei Diaspora, keine automatische Erkennung von Youtubelinks von Facebook, keine Linkeinbindung mit Vorschaubild von Google+.

Fazit
Ein paar weniger Funktionen und dafür eine bessere Benutzerführung und ein wirklich durchdachtes Design wären wünschenswert gewesen. Mich als potentiellen Admin würde es reizen, mehr Einstellungsmöglichkeiten zu haben (vor allem Dinge ausschalten zu können). Fairerweise muss ich sagen, dass das alles nur ein erster Eindruck ist und ich hoffentlich in den nächsten Wochen Zeit habe, noch tiefer in das System einzutauchen. Anschauen lohnt sich auf jeden Fall. Das Potential ist riesig und die dezentrale Struktur ist wesentlich realisierbarer als bei Diaspora. Wer mit mir weiter testen mag, kann sich gern hier oder per Twitter melden und bekommt dann Zugangsdaten.

Einen anderen Beitrag zum Friendica möchte ich euch nicht vorenthalten (im Übrigen auch auf einem Friendica-Node).

Friendica – drei Monate später wieder hier im Blog.

13 Gedanken zu „Friendica – ein OpenSource-Facebook?“

  1. Wie in der Hilfe von ~friendica beschrieben findest du die Einstellungen an welche User die Nachricht gehen soll (oder auch nicht) hinter dem kleinen Schloss Symbol beim Editor wenn du einen neuen Beitrag einstellst 😉

    Ich werd dein Blog Posting mal im Wiki auf github verlinken.

    1. Oh, das scheine ich ungenau formuliert zu haben. Die Einstellung an wen, welche Gruppen und welche Accounts der Beitrag gehen soll, habe ich gefunden, ich finde nur die Nutzerführung… hmmm… anstrengender als bei anderen Netzwerken. Vielleicht, weil es auch da wieder zu granular wird.
      Für Profis ist es toll, wenn man einzelne Personen auswählen kann (aber dafür gibt es auch die Nachrichtenfunktion), aber für normale Nutzer sollten die Gruppen völlig ausreichen.

      Oh, was für eine Ehre!

      1. Wenn du Nutzer zu Gruppen zusammenfasst, dann erscheinen in dem Dialog zuerst die Gruppen und dann die Nutzer. Man könnte also an alle Freunde außer Max posten um die Geburtstagsvorbereitungen zu planen, das sind zwei Empfänger: die Gruppe Freunde und „nicht Max“.

        Wenn du dich grade in einer Gruppenansicht in deinem Netzwerk-Tab befindest geht der Editor außerdem erst einmal davon aus, dass du jetzt an diese Gruppe schreiben möchtest.

        Ich gebe dir allerdings Recht, dass die Dokumentation noch nicht bullet-proofed ist 🙂

      2. Ja, schon gesehen, auch wenn die „nicht Max“-Funktion mit deinem Beispiel noch mehr Sinn ergibt.
        Posten aus der Gruppenansicht habe ich tatsächlich nicht versucht (auch wenn ich fast davon ausgegangen bin, dass das so läuft).

    1. Hallo Thomas,
      ja, mittlerweile ist der Artikel veraltet, ich sollte mal einen neuen schreiben.
      Das neue Dispy-Theme finde ich einfach klasse. Sogar mein (bei Diaspora) lieb gewonnener „Nach-Oben“-Button ist dabei, und die gut dosierten Animationen tun ihr Übriges für ein gutes Benutzungsgefühl.
      Hmm, jetzt habe ich mir zwischendurch dein diabook angeschaut und bin mindestens ebenso begeistert. Es gefällt mir besonders, dass die Außenbeziehungen (Connectoren und Foren) deutlich sichtbar präsentiert werden. Kann man das Bugsymbol irgendwie ausblenden? Ich selbst melde gerne Bugs, aber für normale Benutzer…
      Die Entscheidung welches Theme mein Standard wird, wird auf jeden Fall schwer!

  2. moin wolfgang,
    des bug-symbol is mit absicht dort gehalten, eben damit der einfache user die möglichkeit hat mir bugs/requests im pad zu hinterlassen…
    oft haben user gute ideen, aber nicht die zeit/das wissen um es selbst zu fixen… diese ideen und bugs zentral ohne anmelde-hürde in einem pad zu sammeln ist eben auch ein vorteil gegenüber D*… denke der bug wird aus diesem grund vorerst dort bleiben 🙂

    danke für deine tollen posts und tweets…
    beste grüße

  3. Hi Thomas,
    ok, dann sag ich nichts mehr dagegen. Wie wird denn die Möglichkeit Bugs und Ideen zu posten angenommen? (Ich frage für ein eigens Projekt)
    sonnige Grüße aus Münster

  4. Hallo, ich teste Friendica auch schon eine Weile, komm aber noch nicht so sehr klar damit. Ich bin sehr davon überzeugt, dass sich Friendica durchsetzen wird, wenn Facebook eines Tages wirklich einmal „out“ ist.

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